Lucian Reich d. Ä.

Leben

Luzian Reich der Ältere (*Dürrheim, 7. Januar 1787 †Hüfingen, 6. August 1837) gab den Anstoß zur Entstehung des Hüfinger Künstlerkreises. Schon bei seinem Vater Mathias Reich lernte er das Handwerk des Kunsttischlers, mit dem der Landwirt sein Einkommen aufbesserte.
Im Benediktinerkloster Villingen durfte Reich zudem Vorlesungen in Mathematik und Physik besuchen, auch erste Portraits fertigte er dort an. Sein Examen an der Normalschule in Villingen – das Kloster war inzwischen der Säkularisierung zum Opfer gefallen – legte er mit bestem Erfolg ab.
Er wurde in Bubenbach in den Schuldienst eingewiesen und konnte bereits eineinhalb Jahre später eine Oberlehrerstelle in Hüfingen antreten. Zwei Jahre später heiratete er Maria Josepha Schelble, die Tochter des Korrektionshausverwalters Franz Josef Schelble. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor, die Söhne Franz Xaver und Lucian d. J. sowie die Tochter Elisabeth.

Das Gehalt eines Lehrers war damals nicht auskömmlich und wurde überwiegend in Naturalien ausbezahlt. Um den Unterhalt seiner Familie zu sichern, begann Reich seine Kunstfertigkeit zu nutzen. Vorwiegend kirchliche Arbeiten und Grabdenkmäler verließen seine Werkstatt, darüber hinaus entwarf er Grabsteine, Altäre und bemalte Kirchenfahnen.
Bald nach seinem Antritt der Lehrerstelle gründete er eine Zeichen- und Abendschule, in die interessierte Schüler der oberen Klassen aufgenommen wurden. Er sammelte Ölbilder, Kupferstiche, Radierungen, Lithographien, Zeichnungen, Skulpturen und Erzeugnisse der Töpferkunst, die meist aus ausgehobenen Klöstern stammten und seinen Schülern als Anschauungsmaterial dienten.
Auch als Unternehmer war Luzian Reich erfolgreich. Als er auf Hüfinger Boden ein Gipsvorkommen entdeckte, gründete er eine Dünger-Gipsmühle, erweiterte sie später zu einem Zementwerk, einer Schwarzkalkfabrikation und um eine Wollspinnerei.
Schließlich wandelte er die Gipsmühle in eine Ziegelei um, die vom ältesten Sohn Franz Xaver Reich in eine Terrakotta-Brennerei verwandelt wurde. Mit zunehmendem unternehmerischem Engagement vernachlässigte der Vater seine künstlerische Arbeit. Seiner Tätigkeit als Lehrer jedoch ging er weiter nach.
Unerwartet starb er im Alter von 60 Jahren am 6. August 1837.

Werk

Luzian Reichs Werk verband von Anfang an künstlerische mit wirtschaftlichen Interessen. Diese Synthese prägte seine Arbeit. Gemeinsam mit dem Schreinermeister Grieshaber schuf er den Hüfinger Hauptaltar, der nach den Entwürfen von Johann Baptist Seele gefertigt wurde. Insbesondere die beiden aus Lindenholz gefertigten Cherubime veranschaulichen Reichs Können.
Auch die Erinnerungstafel für Hüfingens letzten adligen Stadtherrn, von Schellenberg, mit dem Wappen des Hauses im Chor der Stadtkirche St. Verena stammt aus seiner Werkstatt. Portraits seiner Eltern und seiner Frau, sowie ein Selbstportrait, aber auch zahlreiche andere Werke in Hüfingen und Umgebung zeigen Luzian Reichs großes handwerkliches Geschick, sein ausgeprägtes Talent und Interesse an der Ölmalerei, sowie das hohe qualitative Niveau des Vielbegabten.

Wirkung

Von kunstgeschichtlicher Bedeutung war die Gründung der Mal- und Zeichenschule bald nach Reichs Ankunft in Hüfingen. Hier unterrichtete er die Söhne Franz Xaver und Luzian, den späteren Schwiegersohn Johann Nepomuk Heinemann und seinen Bruder Josef, sowie dessen Schwager Rudolf Gleichauf. Reichs Schüler konnten später Dank seines Unterrichts und seiner Förderung ihre Ausbildung an namhaften Akademien fortsetzen und hinterließen bedeutende Werke ihrer Zeit.

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